Patient im REHAB: «Es ist wichtig, Ziele zu setzen»

Nach dem Unfall zurück ins Leben

Peter «Pit» Spinnler liebte es, Ski zu fahren. Das Hobby wurde ihm zum Verhängnis. Bei einem Sturz hat er sich mehrere Halswirbel gebrochen. Nach monatelanger Therapie im REHAB Basel konnte er ins Leben zurückkehren, privat und beruflich.

Nach einem mehrfachen Halswirbelbruch wieder gehen zu können, ist alles andere als selbstverständlich. Pit Spinnler hatte das Glück, dass das Rückenmark beim Skiunfall nicht vollständig durchtrennt wurde. Aber die Bewegungsfähigkeit war auf der ganzen rechten Körperseite stark beeinträchtigt. Wie der Berufsfeuerwehrmann die letzten zwei Jahre erlebt hat, erzählt er im Interview.

Herr Spinnler, mir ist aufgefallen, Sie sind für dieses Gespräch ohne Gehhilfe ins REHAB gekommen.

Ja, es ist ein Riesengeschenk, was mir heute wieder möglich ist. Ich rege mich zwar jeden Tag mal auf, wenn ich etwas nicht so kann, wie ich will, aber wenn ich mir vor Augen halte, wie ich vor zwei Jahren hier im REHAB mit dem elektrischen Rollstuhl unterwegs war, dann muss ich sagen, es sind Peanuts, über die ich mich heute aufrege – Dinge, die eigentlich gar nicht relevant sind.

Wie war es denn vor zwei Jahren?

Nach meinem Skiunfall kam ich hier auf die Station 5, die auf Querschnittlähmungen spezialisiert ist. Mitten aus dem Leben gerissen. Ich war aktiv, sportlich, auch beruflich sehr gut unterwegs, und plötzlich liegt man hier, schaut die Decke an und begreift die Welt nicht mehr. In Gesprächen mit Psychologinnen hier im REHAB habe ich verstanden, es ist wichtig, Ziele zu setzen: Tagesziele, Wochenziele, Monatsziele. Ich habe mir als grosses Ziel gesetzt, dass ich das REHAB zu Fuss verlassen werde.

Und das haben Sie geschafft.

Die Ärzte und Therapeuten waren zurückhaltend und wollten mir keine falschen Hoffnungen machen. Ich blieb dran, habe täglich hart gearbeitet, Ziel um Ziel erreicht, immer wieder anders priorisiert, einmal war die Hand wichtiger, dann die Schulter, dann wieder das Gehen. Der ganze therapeutische Mix, wie ich ihn hier erleben durfte, hat mir diesen Erfolg ermöglich.

Wie stark sind Sie in Ihren Bewegungen heute noch eingeschränkt?

Die ganze rechte Körperseite ist betroffen: Hand, Arm, Bein. Die rechte Hand kann ich einsetzen, aber eingeschränkt. Am Morgen kann ich ohne Orthese gehen, gegen Abend, wenn ich müde werde, ziehe ich die Schiene an, weil die Stolpergefahr zu gross wird. Es geht jetzt darum, das Erreichte zu erhalten und, soweit möglich, weitere Fortschritte zu machen.

Mit der rechten Hand den Hammer halten und den Nagel treffen – in der Ergotherapie im REHAB Basel arbeitet Pit Spinnler an der Koordination der Bewegungen.

Wie haben Sie das REHAB erlebt?

Nur positiv. Ich war zuerst auf der Station, dann im Übungswohnen, schliesslich in der Tagesklinik, und heute nutze ich noch ambulant die Ergotherapie sowie medizinische Sprechstunden zu bestimmten Themen. Im REHAB sind top Leute, und alles ist von hoher Qualität. Man hat auf unterschiedlichste Weise mit mir therapeutisch gearbeitet. Ich verdanke der Klinik sehr viel und hatte hier viele schöne Momente. Ich lernte Leute kennen, mit denen ich noch heute in Kontakt bin. Es sind Freundschaften entstanden.

Wie ist der Unfall passiert?

Wenn man beim Skifahren 100 Mal stürzt, klopft man 99 Mal den Schnee ab und es ist nichts passiert. Ich stand jeden Winter rund 30 Tage auf den Ski. In einer Kurve bin ich selbstverschuldet gestürzt und im Halsbereich an einem harten Gegenstand angeschlagen, einem Stein oder einem Ast. Ich blieb liegen und merkte, etwas ist nicht mehr so wie vorher. Ich hatte mir vom dritten bis siebten Halswirbel Brüche zugezogen. Es ist ein sehr grosses Glück, dass ich überhaupt noch da bin. Die Patrouille, die mich von der Piste geholt hat, der Flug mit der Rega, das REHAB… – die ganze Rettungskette war hoch professionell.

Mit Rettungsketten kennen Sie sich aus. Ihr Beruf ist die Feuerwehr.

Ich blicke auf über 30 Jahre bei der Basler Berufsfeuerwehr. Bei den Einsätzen erlebte ich ab und zu heikle Momente. Auch bei meinem ursprünglichen Beruf als Dachdecker gab es Situationen, in welchen etwas hätte passieren können. Ich übte Berufe aus, die mit Risiken verbunden sind, und dann passiert es beim Skifahren, meinem Hobby, dem ich so gerne nachging. Das hat mir am Anfang schon Mühe gemacht. Überhaupt war die mentale Verarbeitung des Unfalls ein Riesenprozess.

Pit Spinnler mag es, beim Klettern seine Grenzen zu suchen.

Wie wurden Sie dabei unterstützt?

Die psychologische Unterstützung im REHAB habe ich schon erwähnt, aber auch mein privates Umfeld war sehr wichtig. Meine Familie stand von Anfang an hinter mir. Auch Kollegen und Bekannte. Ich habe nur Gutes erlebt, und das hat mir sehr geholfen.

Und jetzt können Sie wieder arbeiten?

Ja, ich arbeite mit 50 Prozent in der Einsatzzentrale der Feuerwehr und schicke meine Kollegen in den Einsatz. [lacht] Es tut manchmal auch weh, denn ich würde gerne mit ihnen ausrücken. Aber es ist okay. Auch in den Bereichen Datenpflege und Qualitätsmanagement bin ich jetzt tätig. Wie ich unterstützt wurde und immer noch werde, um wieder arbeiten zu können – vom Arbeitgeber, REHAB, SUVA, IV –, das ist einfach top.

Ich habe wieder einen Alltag wie vor dem Unfall. Ich gehe zur Arbeit, habe ein Familienleben, arbeite im Garten, gehe mit dem Hund spazieren, besuche FCB-Spiele, treibe Sport… – ich bin wieder voll im Leben! Der Unfall ist gar nicht mehr so präsent. Wenn mich jemand fragt, was passiert ist, gehe ich nicht mehr ins Detail. Reden ist gut und wichtig, aber ich will das Geschehene auch einmal loslassen.

Wie treiben Sie Sport?

Als ich jung war, bin ich geklettert, dann viele Jahre nicht mehr. Ich wurde gefragt, ob ich daran interessiert bin, in einer Klettergruppe mitzumachen, die sich regelmässig trifft. Am Anfang war ich skeptisch, aber ich habe es ausprobiert. Und jetzt bin ich begeistert dabei. Das Klettern gibt mir sehr viel, für die körperliche Koordination und Kraft, aber vor allem auch mental. Ich kann ohne Risiko meine Grenzen suchen und dabei herausfinden, was geht und was nicht. Oder noch nicht. Das tut sehr gut.

Der Förderverein pro REHAB hat Ihnen einen Glückstag ermöglicht. Wie war das?

Mein Skiunfall ist in der Lenk im Simmental passiert. Das war kein Glückstag. Aber dass es mir rund ein Jahr später wieder möglich war, mit meiner Frau Viviane nach Lenk zu reisen, mit der Bergbahn hochzufahren, fein essen zu gehen, das war schon speziell. Wir haben es sehr genossen.

Herr Spinnler, ich danke Ihnen herzlich für dieses Gespräch.

Den Glückstag, welcher der Förderverein pro REHAB ermöglicht hat, verbrachten Pit und Viviane Spinnler im Simmental.


Als Mitglied des Fördervereins pro REHAB helfen Sie Patientinnen und Patienten in materiellen Notsituationen. Der Verein unterstützt zum Beispiel den Einbau eines Treppenlifts oder den Umbau eines Fahrzeugs. Die Mitgliedschaft kostet als Einzelperson 30 Franken pro Jahr.


© REHAB Basel, rehab.ch, November 2024

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